Dienstag 19. Juni 2012 Santiago de Compostela – Negreira – Vilaserio 33 km 08:00-19:30

Nachdem ich gestern die Zeit in Santiago genossen hatte, wollte ich wieder weiter und schon bald liegt die Stadt hinter mir. Beim Rio Sarela stehen noch Resten von früheren Gerbereigebäuden. Die leicht hügelige Landschaft mit kleinen Dörfern gefällt mir und beim Restaurant bei der alten Brücke im malerischen Ponte Maceira gönne ich mir ein Menú Peregrino. Bis Negreira, meinem Tagesziel ist es nicht mehr weit; aber die Gemeindeherberge ist um 16:30 Uhr bereits voll. Ich könnte zwar wieder in den Ort zurückgehen und in einer anderen Herberge übernachten aber da kommt gerade ein anderer Pilger aus der Schweiz und meint, dass es im nächsten Dorf 13 km weiter auch 2 Herbergen hätte. Das Wetter, die Temperatur und die Landschaft animieren mich, auch weiterzulaufen. Unterwegs treffe ich noch auf einen Japaner und in der Gemeindeherberge, ein früheres Schulhaus, sind schon 5 Pilgernde aus Frankreich, Spanien, Portugal und Holland da.

Mittwoch 20. Juni 2012 Vilaserio – Olveiroa 22 km 07:10-13:15

Heute ist es den ganzen Tag bewölkt und Höhenunterschiede hat es wenige. In Santa Mariña frühstücke ich in einer ganz neuen Herberge. Weiter geht es beim Monte Aro vorbei mit einem schönen Ausblick auf den Fervenza-Stausee. Bald bin ich schon am Tagesziel. Heute geht beim Mittagessen die Zeit bei einem interessanten Gespräch im Nu vorbei und beim Gehen ist es ist schon bald 18 Uhr. Auf diesem Weg vermischen sich Pilgernde, die auf verschiedenen Wegen nach Santiago gepilgert sind wie dem Camino Frances, Norte, Primitivo, Inverno, Ingles, Mozárabe oder Via de la Plata und nun nach Finisterre und/oder Muxía weiter gehen.

Donnerstag 21. Juni 2012 Olveiroa – Cee 20 km 08:30-15:30

Es ist eine wunderbare Gegend entlang des Rio Xallas. In O Logroso wird gerade ein Haus renoviert und zu einer Herberge umgebaut. In Hospital trinke ich einen „Znünikaffe“ da es auf den nächsten 15 Km bis Cee keine Bar mehr hat. Bald komme ich zum Wegweiser, wo sich die beiden Wege nach Finisterre und Muxia trennen und von da sollten es noch etwa 6 km sein bis zum Ort, wo man bei klarem Wetter zum ersten Mal das Meer sieht. Die schöne Landschaft lässt mich unbeschwert weiter gehen. Die „Capela das Neves“ und die „Capela de San Pedro Mártir“ liegen idyllisch am Weg und laden zu kurzen Pausen ein. Bald schon zeigt sich am Horizont der Monte do Facho bei Finisterre und davor die Bucht von Cee.

Freitag-Montag 22.-25 Juni 2012 Ausflüge in der Umgebung von Cee

In Cee unterbreche ich meinen Weg und nehme die Gelegenheit war, die südlicheren Buchten und Kleinstädte mit dem Bus und zu Fuss zu erkunden. Die Bilder füge ich dem separaten Bericht über die „Costa da Morte“ bei.

Dienstag 26. Juni 2012 Cee – Finisterre 12 km 08:30-12:30

Heute werde ich das „Ende der Welt“ erreichen. Das Cabo Finisterre (spanisch) oder Cabo Fisterra (galizisch) ist einer der westlichsten Punkte von Spanien und man nahm früher an, dass dort wo die Sonne im Meer versinkt sich die brodelnde Hölle befindet. Der westlichste Punkt vom Festlandspanien ist das Cabo Tourinan, das weiter nördlich liegt zwischen Lires und Muxía. Der Bucht von Cee entlang verläuft der Weg nach Corcubión und weiter über leichte Hügel und kleine Buchten zum langen Strand Praia do Langosteira bei Finisterre.

Mittwoch und Donnerstag 27.-28. Juni 2012 Finisterre (Besichtigungstage)

Die meisten Pilgernden bleiben einige Tage an diesem Ort, manche beenden ihr Pilgern hier und nur ganz, ganz wenige laufen wieder zurück nach Hause zu Fuss, so wie es früher für die Pilger normal war. Das Kap mit dem Leuchtturm, die beiden Strände, die Kirchen, der Hafen und das Fischereimuseum im Castelo de San Carlos, welches einem vom Dichter Alexandre Nerium gerne erklärt wird, lassen einem die Zeit hier nie langweilig werden.

Freitag 29. Juni 2012 Finisterre – Lires 15 km 08:30-16:00

Der Entscheid, in einem oder in zwei Tagen nach Muxía zu laufen, fällt bei mir in dieser schönen Gegend, wo der Weg oft nah am Atlantik verläuft, ohne langes Nachdenken leicht. Als ich beim Praia de Rostro ankomme, verziehen sich die Wolken und Sonnenschein breitet sich aus. Und so geniesse ich die Siesta am fast menschenleeren Strand und lausche dem Gesang des Meeres. Vor Lires wähle ich die Wegvariante, die näher am Meer verläuft und fantastische Ausblicke freigibt.

Samstag 30. Juni 2012 Lires – Muxia 14 km 08:20-14:30

Kurz nach Lires gibt es eine Trittsteinbrücke, die aber meistens weniger hoch als der Wasserstand ist. Inzwischen wurde eine neue Brücke daneben gebaut und so bin ich froh, mit trockenen Füssen weiter laufen zu können. Im Wald werde ich von einem wundervollen Vogelkonzert begleitet und bald bieten Hügel wieder wunderbare Aussichten auf den Atlantik. Die raue „Costa da Morte“ und ihre Buchten finde ich zunehmend faszinierend und die kräftigen Wellen ergeben eine schöne akustische Stimmung zum Wandern.

Sonntag 1. Juli 2012 Muxia (Besichtigungstag)

Muxia ist kleiner und ruhiger als Finisterre und wird vor allem wegen dem Heiligtum „Nuestra Señora de la Barca“ besucht. Die Kirche steht an der Stelle, wo Maria mit ihrem Boot aus Stein gelandet ist um den Apostel Jakobus beim Missionieren zu motivieren. Reste vom Boot befinden sich noch heute dort. Heute feiern die Spanier ihren Sieg an der Europafussballmeisterschaft. Spanien ist das erste Team, das seit der ersten Austragung des Turniers 1960 seinen EM-Titel verteidigen konnte. Auch ich feiere am Abend mit Mitpilgernden bei Albariño und etwas Käse. Albariño ist die herausragende weisse Rebsorte von Galizien, die übersetzt „die kleine Weisse vom Rhein“ heisst und die der Legende nach von Mönchen über den Jakobsweg von Deutschland nach Galizien gebracht wurde.

Montag 2. Juli 2012 Muxia – Dumbria 20 km 10:00-20:00

Der Weg führt heute weg vom Meer ins Landesinnere, zuerst zur Kapelle San Roque und anschliessend zum früheren Benediktinerkloster San Xulián de Moraime aus dem 12. Jahrhundert. In San Martiño de Ozón steht neben der Kirche ebenfalls ein früheres Kloster und wo jetzt eine originelle Herberge eingerichtet wurde und uns eine Tortilla zum Mittag geboten wird. Am Nachmittag treffe ich in Senande ein. Schon vor dem Dorf reihen sich Autos am Strassenrand und deuten auf einen speziellen Anlass hin. Es ist Markt und es gibt fast alles zu Kaufen wie Pferde, Hühner, Backwaren, Werkzeuge, Büstenhalter, Körbe, Pflanzen, Lederwaren und vieles andere mehr. Im Festzelt esse ich feinen Pulpo (Tintenfisch/Krake). Auf dem weiteren Weg verlaufe ich mich leicht und das passiert fast allen einmal, weil der Weg nur in der Gegenrichtung von Hospital nach Muxia markiert ist. Am Ziel beim Sportzentrum überrascht mich die architektonisch sehr moderne und funktionelle Gemeindeherberge.

Dienstag 3. Juli 2012 Dumbria – Olveiroa 9 km 08:45-13:00

Nach dem Frühstück in der nahen Bar gibt es zuerst einen Aufstieg durch einen grünen Wald mit Farn und Moos bei Nebel und Niesel und bei einer einzigartigen Stimmung. Den wohlverdienten Znünikaffee gibt’s am Kulminationspunkt in der Bar in Hospital, die ich schon vom Hinweg kenne. Heute mache ich eine kürzere Etappe, weil ich die wunderschöne Gegend am Rio Xallas nochmals auf mich einwirken lassen möchte und da ich morgen unbedingt in der neuen Herberge in Santa Mariña übernachten möchte und übermorgen in Negreira.

Mittwoch 4. Juli 2012 Olveiroa – Santa Mariña 13 km 08:50-14:45

Ich finde es interessant, die Gegend, die ich von Hinweg schon kenne, nochmals zu durchwandern und anders zu erleben. Eigentlich war mein Plan, nur bis Dumbria oder Hospital zu Pilgern aber irgendwie merkte ich auf dem Weg, dass mir dann etwas fehlen würde. Es wäre wie ein Kreis gewesen, der noch nicht ganz geschlossen ist und mich dann noch lange plagen würde. Nach dem Frühstück hört der Nieselregen auf und schon bald kommen mir erste Pilger entgegen. In A Gueima fällt mir ein (halber) Wegweiser zu einem Aerodrome auf aber Flugzeuge habe ich in dieser Gegend nie gesehen. Es ist ein privates Flugfeld mit wenig Verkehr in der Nähe der Staumauer des Fervenza-Sees. Zu meinem Tagesziel ist es nur noch ein kurzer Marsch und vor dem Mittagessen reicht es zu einem angenehmen, netten Spaziergang bis zum nächsten Dorf und zurück.

Donnerstag 5. Juli 2012 Santa Mariña – Negreira 21 km 08:15-16:00

Schon auf dem Hinweg faszinierte mich diese Landschaft doch aus dieser Richtung sieht sie nochmals anders aus. Ein Paar, das den Weg zuhause in der Nähe von Ulm begonnen hat, kommt mir entgegen. Möchte ich auch einmal von zuhause weglaufen und an einem Stück bis ans Ende der Welt gehen? Als der Regen während dem Kaffee in Vilaserio nachlässt, breche ich auf aber etwas später komme ich wieder in einen richtigen Regen. Zum Glück ist der Rest des Tages weitgehend trocken und zeitweise scheint wieder die Sonne und so komme ich frohgelaunt in Negreira an. Am Ortseingang steht ein gedankenanregendes Denkmal von Fernando Garcia Blanco, sinnbildlich für die vielen Arbeitsemigranten aus dieser Gegend, in der es nicht viel Arbeit und Einkommen gab. Der Vater muss in die Welt hinausziehen und seine Wurzeln losreissen während der Sohn ihn halten will und die Frau mit den Kindern zurückbleibt.

Freitag 6. Juli 2012 Negreira – Santiago de Compsostela 21 km 08:00-15:30

An diesem Wochenende wird in Negreira Ort das Fest „San Cristovo“ gefeiert. Gestern spielten die beiden Orchester OS Satélites und Los Españoles direkt vor der Herberge und deshalb habe ich vorausschauend mit Ohropax geschlafen. Das war gut. Während der letzten Etappe schwelge ich in Erinnerungen oft nochmals an den ersten Tag. Damals ging ich von Santiago weg und jetzt komme ich heim.