Samstag 16. April 2016 Salt – Amer 22.7 km 08:00-16:30
Die Ruta del Carrilet führt anfänglich durch eine sehr ländliche Gegend und ab und zu entlang des Flusses Ter. Allerdings verläuft die Ruta von Bescanó bis Anglès leider meist neben der Strasse; dafür fällt mir auf, dass der Weg kürzlich neu gepflegt wurde. Ab Anglès kommen mir viele sportliche Läufer entgegen. An diesem Wochenende wird ein 100-Kilometerlauf von Oxfam zugunsten benachteiligter Menschen durchgeführt (Oxfam organisiert solche Läufe in Europa, Indien, Japan und Australien). So wird es vorbei an den kleinen alten Orten La Cellera de Ter und El Pastoral sehr kurzweilig. Hier zweigt nun eine Alternative ab, die Ruta dels Pantans, die weiter dem Fluss Ter entlang hinauf zu einem See nach Vilanova de Sau folgt. Bis Vic wäre es einen Tag kürzer. Ich gehe aber weiter nach Amer und erreiche ich auch schon bald eine nette Unterkunft etwa einen Kilometer nach dem Ort.

Sonntag 17. April 2016 Amer – Sant Esteve d'en Bas 22.8 km 08:30-16:15
Nach einem reichhaltigen Frühstück breche ich auf und erreiche über eine Abzweigung direkt hinter der Pension bei der Mineralwasserabfüllanlage Fonter wieder die Ruta del Carrilet. Stetig leicht bergan geht es durch ein bewaldetes zunehmend hügeligeres Gebiet. Bäche, die sich tief in den Berg ein gefressen haben, queren meinen Weg und ich bin den früheren Eisenbahnbrückenbauern dankbar. So läuft es sich leichter. Zwei kleine alte Orte laden zu willkommenen Pausen ein und bei der Annäherung an mein Ziel versuche ich die Unterkunft telefonisch zu erreichen um den genauen Ort zu erfahren. Leider gibt es auf beiden Nummern nur einen Anrufbeantworter in sehr schnellem Spanisch oder Katalanisch. Das habe ich nicht erwartet und darum frage ich einen Mann in seinem Garten nach einer Übernachtungsgelegenheit in der Gegend und wie Wunder besitzt sein Sohn ein ländliches Gästehaus in der Nähe.

Montag 18. April 2016 Sant Esteve d'en Bas – L'Esquirol 19.0 km 08:15-16:45

Ab hier bis Vic verläuft der Weg praktisch identisch mit dem gut signalisierten „Camí Ral Olot-Vic“, ein früherer königlicher Weg, wo Leute, Viehtreiber, Händler und so weiter sicher an andere Orte ziehen konnten. Am Ende der Ebene hinter Els Hostalets geht es steil bergwärts und nach anderthalb Stunden auf einem wunderschönen, teils noch original erhaltenen Weg durch den Wald bin oben. Auf den blühenden Alpen weiden Schafe und insgesamt finde ich es die schönste Etappe bisher. Schlüsselblumen blühen im Überfluss am Wegesrand. In La Serra de Pruit weisen gelbe Pfeile und Muscheln in eine Richtung, wo ich unsicher werde, denn der Wegweiser mit den Orten Comajoan und Cantonigròs weist in eine andere. Ich folge dem Wegweiser und schon bald bestätigt sich, dass ich richtig entschieden habe. Nun geht es nochmals eine halbe Stunde bergauf und anschliessend an den imposanten Felsen des Aiats vorbei. Unweit vom Weg liegt Collsacabra mit dem Santuari de la Mare de Déu de Cabrera. Der von den Pyrenäen kommende GR2 wird gekreuzt und beim nächsten Bauernhof kommt gerade ein junges Kalb auf die Welt. Der Kaffee im nächsten Ort bleibt infolge geschlossener Bars, Restaurants und Hotel nur ein Wunschtraum. Also vom Start am Morgen bis zum Ziel am Abend keine Einkehrmöglichkeit. Unterwegs halte ich noch bei einem Dolmen eine letzte Rast und trotte gemächlich meinem Tagesziel entgegen. Der Ort ist unter zwei verschiedenen Namen bekannt, da er bis 2014 Santa Maria de Corcó geheissen hat.

Dienstag 19. April 2016 L'Esquirol (Santa Maria de Corcó) – Vic 18.0 km 08:45-17:15
Auf Feldwegen geht es in der Nähe der Strasse zum Ort hinaus doch schon bald bemerke ich, dass mir die Markierungen fehlen. Der Weg ist zwar gut aber eine Wendung verunsichert mich. In diesem Moment kommt ein Spaziergänger mit Hunden vorbei und er kann mir erklären, dass es zwei Optionen gibt: entweder retour und immer in der Nähe der Strasse oder hier weiter und bei der nächsten Wendung entlang der Schlucht (... muy bonito ...). Das gefällt mir. Nach dem Zusammentreffen beider Wege geht es an einem grossen Schlachthof von Patel vorbei wo gerade fünf Sattelschlepper mit wohlgenährten Schweinen für den Ablad bereitstehen. Am anderen Teil des Gebäudes werden wieder andere Sattelschlepper mit verschiedenen Fleischerzeugnissen beladen. In Roda de Ter treffe ich gerade zu beginnenden Mittagessenszeit ein und da nehme ich die Gelegenheit für ein 4-Gang Menú del Dia zu €9 inklusive Getränk war. Am Nachmittag ist es mehrheitlich eben mit wunderbaren Rückblicken auf schneebedeckte Pyrenäengipfel und die "Tafelberge" Collsacabra und Aiats, wo ich gestern vorbei gekommen bin. Von der Kapelle Sant Jordi de Puigseslloses sehe ich bereits Vic. Doch der Weg ins Stadtzentrum ist länger als geschätzt. Vic hat eine hübsche historische Altstadt, wo ich auch noch etwas länger verweilen könnte. Den Tag beschliesse ich mit einem Rundgang vorbei an der Plaza dels Sants Martirs, der Plaza Mayor, dem römischen Tempel, der Casa Masferrer und der Kathedrale, die auf dem höchsten Punkt der Stadt liegt.

Mittwoch 20. April 2016 Vic – L'Estany 21.4 km 08:30-16:30

Ab Vic bis zum Kloster Montserrat ist der Weg oft identisch mit dem GR-151 oder Weg des Bischofs und Abt Oliba. Schon nach fünf Minuten, nachdem ich die Altstadt über die alte Brücke verlassen hatte, bin ich im Grünen und laufe an einem Bächlein entlang hinaus in die Landschaft. In Santa Eulàlia de Riuprimer, wo schon früher die römische Strasse nach Sarragossa hindurch führte, besuche ich die Bar für einen Kaffee und einen Schokoladegipfel. Nachher wird es ziemlich einsam und stetig geht es wieder bergauf. Vereinzelte Bauernhöfe links und rechts des Weges und das Geläut von Kühen zeugen von landwirtschaftlicher Tätigkeit. Am Nachmittag wird das Getzwitscher der Vögel von einem Polizeihelikopter übertönt, der in den ausgedehnten Wäldern nach einem vermissten Mann sucht. Während in den Wäldern die Laubbäume erst zaghaft frisches Grün hervorzaubern, leuchten die jungen Getreideäcker bereits intensiv grün. L’Estany besitzt einen hübschen, sehr kleinen alten Dorfkern und ein sehenswertes Augustinerkloster aus dem 11.Jh.

Donnerstag 21. April 2016 L'Estany – Artés 23.3 km 08:15-16:30
Heute Morgen regnet es zum ersten Mal seit ich vor zwei Wochen in Perpignan gestartet bin. Im Gegensatz zu gestern geht es heute stets gemächlich bergab und ab Mittag ist das Wetter wieder trocken. Dafür sehe ich keine Markierungen oder Wegweiser mehr, laufe in dieser waldreichen Gegend nur noch geradeaus und ich vermute, dass die Richtung mehr oder weniger stimmt. Trotzdem bin ich froh, nach über einer Stunde wieder auf einen Wegweiser zu treffen und der sogar mit meinen Erwartungen übereinstimmt. Bald kommt nun auch von rechts ein Weg dazu mit dem bekannten Muschelzeichen und gelben Pfeil. Offenbar bin ich eine Variante gelaufen und bald sehe in der Ferne Artés, mein Tagesziel.

Freitag 22. April 2016 Artés – Manresa 20.0 km 08:15-17:15
Rebbau, Landwirtschaft und Wälder prägen den Weg bis Navarcles. Unweit davon liegt das sehr sehenswerte Monasterio Sant Benet de Bages und einem Besuch kann ich nicht widerstehen. Das Benediktinerkloster aus dem 10.Jh. ist eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen klösterlichen Stätten in Katalonien. Weiter schlängelt sich der Weg durch ein Tal entlang dem Fluss Llobregat. Die jungen Blätter der Laubbäume leuchten in zartem Grün und am Heiligtum Mare de Déu de la Salut in Viladordis vorbei geht es durch die letzten Wiesen, Äcker und Nutzgärten vorbei zur Zone mit den grossen Einkaufszentren und durch längere Vororte ins Stadtzentrum. Trotzdem reicht die Zeit für einen Bummel durch die Altstadt zur Basilika Santa Maria de la Seu. In dieser Stadt befindet sich auch die Höhle, in der Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, einige Monate lebte und seine Erleuchtung hatte.

Samstag 23. April 2016 Manresa – Monasterio de Montserrat 25.5 km 08:30-17:45
Bei der Brücke Pont Vell über den Fluss Cardener, die bereits zur Römerzeit errichtet wurde, später im gotischen Baustil neuerbaut und 1962 rekonstruiert wurde bin ich bereits wie schon in Vic rasch wieder im Grünen. Zuerst fällt mir aber das Joseph Beuys Cross auf, das von den beiden Dänen Henning Christiansen und Bjorn Norgaard geschaffen wurde als Andenken an die Inspirationen von Beuys in Manresa und der daraus erfolgten Aktion „Manresa“ in Düsseldorf und der späteren Aktion „Manresa Hauptbahnhof“ hier in dieser Stadt. Nun laufe zuerst einem Fluss entlang und anschliessend etwas auf und ab. Die beeindruckende Kulisse der Berge von Montserrat begleitet mich den ganzen Tag und vorbei am Ort Castellgalí kommen sie langsam immer näher. Ich geniesse den Weg und die wunderbare Landschaft. Am Ende des Ortes Sant Cristòfol bieten sich zwei Varianten an: entweder links auf dem Camino und auf viel Asphalt über das Kloster San Bento oder rechts auf dem GR-4 zur Eremita Santa Cecilia. Beide Wege vereinigen sich dann wieder auf der Strasse etwa eine halbe Stunde vor dem Kloster Montserrat. Immer mehr weitet sich der Blick und je näher ich zum Kloster komme, wird die touristische Anziehung spürbarer durch grosse Parkplätze, Bergstationen einer Zahnrad- und einer Schwebebahn. Doch um diese Zeit scheint der grosse Ansturm vorüber zu sein und die Marktstände entlang der Strasse beginnen mit dem Abräumen.